Der neue Bahnhof
Bereits um 1902 war abzusehen, dass der alte Bahnhof seine Kapazitätsgrenze ereicht hat. Der vorhandene Lagerraum und die Bahnhofsanlagen reichten nicht mehr aus. Eine Erweiterung war nicht möglich. Nicht nur das stark gestiegene Verkehrsaufkommen sondern auch die geplante Strecke Sonneberg-Eisfeld waren Gründe für den Beginn der Planungen für einen neuen Bahnhof weiter südlich. Dem gegenüber standen Streitigkeiten zwischen der Eisenbahngesellschaft mit der Oberlinder Gemarkung auf deren Gebiet sich etwa ein Drittel des neuen Bahnhofs ausdehnen sollte und die einen eigenen Bahnhof forderten, sowie mit dem Betreiber des Krankenhauses, dem Kreis Sonneberg, der einen ungestörten Krankenhausbetrieb, wegen des gegenüber liegenden Ablaufberges, als unmöglich ansah. Schließlich wurde im Jahr 1907, in der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober, der Übergang des Eisenbahnbetriebes vom alten auf den neuen Sonneberger Bahnhof vollzogen.Mit 10 km Gleis und 68 Weichen, die von zwei Stellwerken bedient wurden, war der neue Sonneberger Bahnhof mehr als viermal so groß, wie der alte. Das Empfangsgebäude war im Hennenberger Stil erbaut.
handkolorierte Ansichtkarte des Empfangsgebäude um 1912.
Zum Bahnhof gehörten unter Anderem ein Abortgebäude, ein Eilgutschuppen, Wasserturm mit beheizbarem Becken sowie ein fünfständiger Lokschuppen mit einer 16 m-Drehscheibe. Die Anlage des Bahnhofs entsprach dem damaligen neuesten Stand der Technik. Das Bahnsteigdach mit seiner einständigen Stahlbetonkonstruktion war so noch nie auf Bahnanlagen zu sehen gewesen. Mit dem Bahnhofsneubau entstanden viele sehr geräumige Güterschuppen, die teilweise der Bahngesellschaft und teilweise privaten Spediteuren und Firmen aus der Region gehörten. Die großen meist dreigeschossigen Güterschuppen waren eines der markanten Wahrzeichen der Stadt.
Eine handcolorierte Ansichtskarte von der Sonneberger Innenstadt um 1930. Im Hintergrund auf der linken Seite ragen die großen dreigeschossigen Güterschuppen (im Bild als dunkle Schatten erkennbar) deutlich über die Wohnhäuser hinaus. Die hellen Gebäude in Bildmitte sind das Woolworth-Gebäude und das Rathaus.
Zum Eisenbahnknotenpunkt wuchs der Sonneberger Bahnhof als die Strecke nach Eisfeld im Jahre 1910 eröffnet wurde. So erhielt der Bahnhof seinen vierten Anschluss. Schon in den Jahren 1908 und 1909 musste der Bahnhof erheblich erweitert werden. Er umfasste nun 27 Gleise und 102 Weichen. Die Entwicklung des Bahnhofes war jedoch nur ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Entwicklung im Sonneberger Raum. Im Zeitraum von 1880 bis 1925 versiebenfachte sich die Anzahl der Spielzeugbetriebe, somit hatte der Wirtschaftsraum schon 1913 einen Anteil von 25 % der Weltspielzeugproduktion und war damit gleichbedeutend zu dem in Nürnberg. Nachdem die Firma Woolworth 1925 ein großes Einkaufs-Gebäude neben dem Bahnhofsgelände gebaut hatte, wurde der Bahnhof nochmals um einen Gleisanschluss mit 110 m Ladelänge erweitert. Die Verbindung Coburg-Stöckheim erhielt Hauptbahnstatus. Ab 1937 wurde mit dem Eilzugpaar E38/39 von Coburg über Sonneberg, Saalfeld nach Weimar auch der Personenverkehr aufgewertet. Der Bahnhof erhielt die Rangklasse 2. Mit dem Bau des Bekleidungsamtes der Wehrmacht, erhielt auch diese einen Gleisanschluss mit 550 m Ladelänge. Das war zugleich der Höhepunkt der baulichen und betrieblichen Ausdehnung.
Mit Kriegsbeginn stagnierte die Entwicklung, bis im April 1945 bei einem Luftangriff durch US-amerikanische Jagdbomber ein Großteil der Lagerschuppen und 70 % der Gleis- und Weichenanlagen zerstört wurden. Auch das Bahnmeister (BM)-Gebäude brannte vollständig aus. Die deutsche Wehrmacht sprengte die noch verbliebenen Stellwerke.
Nach der Besetzung Thüringens durch sowjetische Truppen im Juli 1945 folgte die Betriebseinstellung auf den Hauptstrecken nach Coburg und Stockheim. Der Bahnhof verlor viel von seiner verkehrlichen Bedeutung. Vier Gütergleise (Gleis 6, 7, 10 und 11) und ein Bahnhofsgleis (Gleis 3) mussten als Reparationsleistung für die Sowjetunion abgebaut werden. Ab September 1947 wurde mäßiger Güterverkehr nach Neustadt über die Zonengrenze eingerichtet, der mit Unterbrechungen während der Berlin-Blockade vier Jahre als "Interzonenverkehr" einen Güteraustausch ermöglichte. Eine Wiederaufnahme des Personenverkehrs war im Gespräch, kam aber nie zustande. Bis ins Jahr 1952 wurden die verbliebenen 2,3 km der Strecke aus Richtung Neustadt abgebaut. Die mittlere Brücke über die Neustadter Straße wurde ebenfalls demontiert. Sie fand beim Bau der Umgehungsstrecke bei Gerstungen Wiederverwendung.
Der Sonneberger Bahnhof wird Hauptbahnhof...
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