Die Entwicklung nach 1989
Nach der politischen Wende und Wiedervereinigung hatte die Geschichte einen stetigen Wechsel zwischen Hoffnung und Enttäuschung bezüglich der Bedeutung des Schienenverkehrs im Sonneberger Raum übrig.Nach fast 40 Jahren ist das Gebiet der abgebauten Strecke nach Neustadt weder bebaut noch verpachtet worden. So war es möglich, dass bereits 1990 die Baumaßnahmen zur Reaktivierung und Bau einer elektrifizierten Strecke begonnen. Die Einführung des Coburger Gleises machte den Umbau der Bahnhofsköpfe notwendig. Die nun wieder drei Brücken über die Neustadter Straße wurden durch Neubauten ersetzt. Neue Vor- und Hauptsignale wurden ebenfalls eingebaut. Das seit 1946 fehlende Gleis 6 wurde wieder aufgebaut. Die Gleise 3-6 erhielten eine Oberleitung. Ein kurzes Stück des Gleis 7 wurde als Stumpfgleis ebenfalls elektrifiziert. Aber nicht nur die Gleise wurden erneuert. So wurde das Empfangsgebäude, u. a. mit der Erneuerung der Fachwerkfassade und des Daches vollständig renoviert. Die Einweihung der Strecke Sonneberg-Neustadt-Coburg erfolgte am 28. September 1991.
Doch diese positive Entwicklung schlug sich in der Folgezeit in ihr Gegenteil um und spitzte sich bis ins Jahr 1997 zu.
Zwei Jahre nach der Wiedervereinigung wurde die Güterabfertigung aufgelöst. Im Jahr 1994 endete auch der Güterverkehr von und nach Eisfeld zugunsten der Abfertigung in Lichtenfels. Die Deutsche Bahn entschied 1997 den gesamten schienengebundenen Stückgutverkehr letztlich zugunsten des LKW einzustellen. Damit zerstörten sich endgültig die Hoffnungen, den Güterverkehr wieder aufnehmen zu können. Im selben Jahr wurde auch die Aufsicht auf dem Sonneberger Bahnhof abgezogen.
Schlimmer noch: Bereits 1992 entschieden die Bahnverantwortlichen ein Investitionsstopp für die schon zu DDR-Zeiten nur unter erheblichen Schwierigkeiten instand gehaltenen Nebenbahnlinien. So verschlechterten sich die betrieblichen Bedingungen stetig. Viele Langsamfahrstellen und die bei der DB längst ausgesonderten Fahrzeuge zeugten von dieser Vernachlässigung. Die Folge war, dass am 22. Januar 1997 eine längst diskutierte Streckenstilllegung erfolgte. Diese führte man dann so plötzlich durch, dass Züge, die sich bereits in Lauscha und Rauenstein befanden, gestoppt wurden und die Reisenden durch bereit stehende Busse nach Sonneberg befördert wurden. Die Lokleitung wurde aufgelöst und die Zugbegleitpersonale im Schienenersatzverkehr eingesetzt. Nach Protesten des „überraschten“ Landes Thüringen und der an den Strecken angrenzenden Kreise erfolgte eine stückweise Erneuerung des Gleises. Bereits eine Woche später konnten wenigstens die "festsitzenden" Güter auf dem Containerbahnhof abgefahren werden. Nach teils erheblichen Veränderungen auf den Unterwegsbahnhöfen und Sanierungsarbeiten an Stützmauern und Bahnübergängen konnte die Strecke Sonneberg-Lauscha im September 1998 wiedereröffnet werden. Wendezüge mit BR 219 bestimmten das Bild und die Fahrzeiten wurden verbessert. Eine Wiedereröffnung der Strecken Lauscha-Probstzella und Sonneberg-Eisfeld war für Ende 1999 bzw. 2000 geplant. In den Folgemonaten wechselten sich konkrete Planungen mit Dementis ab, einmal von prominenten Politikern das andere Mal von weniger kompetenten Bahnchefs.
Mit dem ersten Spatenstich am 20. Mai 1997 wurde der Beginn, der in zwei Baumaßnahmen geteilte, umfangreiche Umbau des Bahnhofes in den so genannten „Umweltbahnhof Sonneberg“ gestartet. Der erste Teil umfasste den Umbau des Bahnhofsvorplatzes. Direkt am Bahnhof wurde ein zentraler Busbahnhof errichtet. Das Gebäude der ehemaligen Unterführung zum Güterbahnhof sowie der Expressgutschuppen mit deren Rampen und Ladestraßen wurde abgerissen. Auf deren Gelände ein Parkplatz und die neue Umgehungsstraße ihren Platz fand – ein deutlicher Hinweis, dass der neue Bahnhofsname nichts mit Entlastung der Umwelt zu tun haben kann. Mit Beginn des Junis 1999 begann auch der seit 50 Jahren benötigte und längst überfällige Übergang von Süd nach Nord über den Bahnhof in Form einer 220 m langen und bis zu 6 m hohen Fussgängerüberquerung, die den Weg des seit den 50er Jahren stetig wachsenden Stadtteils Wolkenrasen zur Innenstadt deutlich verkürzt. Bis dato musste man den Bahnhof in östlicher oder westlicher Richtung umlaufen. Mit dem Bau der Fußgängerbrücke mussten der ehemalige Zollschuppen und ein weiterer Güterschuppen weichen.
Gesamtübersicht des Umwelt-Bahnhofs aus dem Jahr 2002. Die neue Fussgänger-Brücke hat eine deutliche Schneise in das heute
wenig attraktive Schuppenarrangement geschnitten.
(Quelle: mit freundlicher Genehmigung der Fa. RIKON-Werbung)
Am 2. Oktober 1999 wurde der Betrieb mit der Begründung fehlender Investitionsmittel erneut eingestellt und der gültige Verkehrsvertrag durch die DB gebrochen. Ein Tiefschlag, durch den das Sonneberger Eisenbahnnetz in den Zustand des Jahres 1858 zurückgeworfen wurde. Nun war Sonneberg nur noch von Bayern aus mit dem Zug zu erreichen.
Seit 1999 ist auch der Sonneberger Hauptbahnhof kein Gütertarifbahnhof mehr. Damit ist jegliche Abfertigung von Güterwagen nicht mehr möglich. Um dies auch baulich zu zementieren, wurde erst ein 2 Meter langes Schienenstück aus dem Zufahrtsgleis zum Ablaufberg herausgetrennt. Damit war die erst 8 Jahre alte Brücke über die Neustadter Straße nicht mehr befahrbar. Einige Wochen später wurden alle Weichenverbindungen zu den Güterverkehrsanlagen ausgebaut.
Im Jahr 2000 wurden sämtliche Schienen und Schwellen südlich des Gleises 9 ausgebaut und verschrottet. Lediglich die Gleise 6, ein Rest von Gleis 7 und die Gleise 8 und 9 existieren noch. Kein einziger Güterschuppen verfügt seit dem über einen Gleisanschluss. Sie stehen zum großen Teil leer und sind dem Verfall und der mutwilligen Zerstörung preisgegeben worden. Bereits den späten 90er Jahren ist der westliche Güterschuppen mit den mehrgeschossigen Fachwerkmauern nahe der Gleise 26 und 27 durch Brandstiftung zerstört worden. Wenige Monate später erfolgte der Abriss des benachbarten SERO-Schuppens. Die Bahnanlagen des Lokbahnhofs (Drehscheibe, Lokschuppen, Gleisanlagen) blieben erhalten. Sie wurden außer Betrieb gesetzt und mit Sh2-Scheiben und Schwellenkreuzen versehen. Heute kümmert sich der Verein "Lokbahnhof Sonneberg e. V." um die Erhaltung dieser Anlagen. Nur so ist es möglich, dass hier noch Dampflokomotiven vor Sonderzügen "Rast" machen können.
BR 52 8195 in Sonneberg anlässlich einer Sonderfahrt 2002 auf ehemaliger Schlackegrube beim Abschmieren.
Der Freistaat Thüringen bekannte sich für einen langfristigen Eisenbahnbetrieb im Sonneberger Netz in dem Beförderungsleistungen u. a. auch die Eisenbahnstrecken Eisfeld-Sonneberg, Sonneberg-Probstzella ausgeschrieben wurden. Am 30. August 2001 wurde die Genehmigung für das Betreiben der Eisenbahninfrastruktur, mit der Bewilligung eines Fördermittelbetrages von 12,2 Mio Euro an die Thüringer Eisenbahn GmbH (ThE) erteilt. Gleichzeitig erfolgte der Baustart für die Instandsetzung der Strecke Sonneberg-Eisfeld. Erhebliche Sanierungsarbeiten, umfangreiche Umbauarbeiten an Bahnsteigen und Bahnhöfen und Modernisierungsarbeiten an Sicherungstechnik wurden durchgeführt und neue bedarfsgerechte Unterwegsstationen entstanden. Ab dem 3. Oktober 2002 konnte man nun mit den Regioshuttles der STB (DB BR 650) wieder von Sonneberg nach Eisfeld und bis nach Meinigen gelangen. Ab 14. Dezember 2002, nach ebenfalls erheblichen Investitionen (u. a. Teilsprengung und Teilerneuerung des "Nasse Telle"-Viaduktes), war auch das Befahren der Schienenstränge nach Neuhaus wieder möglich. Die Strecken werden im Zugleitbetrieb vom neu installierten Stellwerk der Bauform L90C von Alcatel betrieben. Das Stellwerk und der Fahrdienstleiter befindet sich im Stellwerk "So" am Ostkopf des Hbf Sonneberg.
Mit der Übernahme der Infrastruktur durch die ThE mit einem 17-jährigen Pachtvertrag wurde das Gleisbild des Sonneberger Bahnhofes erneut geändert. Mit dem Ausbau der Weichen 1 und 2 und der Verbindung von Coburger Gleis zum Eisfelder Gleis ist eine Fahrstraße weniger vorhanden. Das Rangiergleis zum Ablaufberg wurde entfernt. Die nun nicht mehr benötigte Doppelkreuzungsweiche (DKW) wurde durch eine einfache Weiche ersetzt. Die Gütergleise 8 und 9 erhielten am Westkopf Prellböcke und sind nun nur noch von Osten befahrbar. Der lange Güterschuppen am westlichen Ende neben dem ehemaligen Sonni-Zentrallager wurde im Jahr 2003 abgerissen Er war der verbliebene Unterteil des riesigen einstigen Hoffmanschuppens, der sich über vier Stockwerke erstreckte und über 100 m lang war.
Westkopf im Winter 2005. Man kann gut die fehlende Weichenverbindung von den Gleisen 1 und 2 (die rechten zwei Bahnhofsgleise) zum Coburger Gleis (Hintergrund linkes Gleis) erkennen. Das im Hintergrund rechte Gleis führt nach Eisfeld.
Heute fährt die STB mit den Regioshuttles der STB (DB BR 650) mit ihrer Linie 1 alle zwei Stunden nach Meiningen und stündlich mit der Linie 4 nach Neuhaus am Rennweg. Eine Regionalexpresslinie der Deutschen Bahn AG bestehend aus Wendezügen bespannt mit BR 112 verbindet Sonneberg alle zwei Stunden über Coburg mit Nürnberg. Im gleichen Rhythmus, eine Stunde versetzt, fährt eine Regionalbahn nach Lichtenfels. Zu Bahnhofsfesten oder zum alle zwei Jahre ausgetragenen "Tag der Offenen Tür" der Firma PIKO steuern dampfbespannte Sonderzüge den Bahnhof an. Auf den verbliebenen Gütergleisen können dann auch Draisinenfahrten durchgeführt werden. Der Verein "Lokbahnhof Sonneberg e. V." unterhält einige Kleinloks und alte Güterwagen, die dort auch besichtigt werden können.
Heute ist es schwer, Fotos von den früheren Standpunkten zu machen, weil diese durch dichtes Gehölz nicht begehbar sind. Dennoch hier
ein Versuch den heutigen Zustand aus ähnlicher Perspektive einzufangen.
Bild von der Brücke am Ostkopf im Spätsommer 2004.
Zurück zum Anfang