Das Gleissystem
Vorwort
Schon immer haben mich an den Heimanlagen die engen Radien und die hohen Schienenprofile gestört. Am "schlimmsten" aber sind die Weichen der "großen namhaften" Modellbahnhersteller. Ich möchte mich an dieser Stelle nicht über die Vorzüge oder Nachteile der Gleissysteme von Trix, Arnold und Co. auslassen. Darüber werden sich in diversen, allgemein bekannten Internet-Foren schon die Köpfe heiß geredet.Wenn man bedenkt, dass beim Vorbild der kleinste zulässige Streckenradius 190 m (im Modell 1187 mm) beträgt, und bei den Modellbahnherstellern Radien unter 200 mm angeboten werden, braucht sich der engagierte Modellbauer nicht wundern, wenn der Eindruck entsteht, dass die Züge um die Ecken knicken. Vielmehr möchte ich diejenigen ansprechen, die etwas mehr Augenmerk auf Detailtreue, Feinheit und Vorbildgerechtheit legen. Mit den folgenden Ausführungen möchte ich meine Erfahrungen mit den so genannten Code 40-Gleisen darlegen.
übersicht der Gleissysteme, v.l.n.r.:
- Petau/Emmermann-Selbstlötgleis (Code 40)
- Haubrich-Gleis (Code 40)
- Railcraft-Gleis (Code 40)
- Peco-Gleis (Code 55)
- Minitrix-Gleis (Code 80)
Derzeit sind mir vier Code40-Gleissysteme bekannt.
Railcraft
Seit den 1980er Jahren gibt es auch in Deutschland das nach amerikanischem Vorbild gestaltete "Railcraft"-Gleis. Das besteht im Wesentlichen aus etwa 90 cm langen Flexgleisstücken. Die Erhältlichkeit von Weichen ist mir nicht bekannt. Sehr schön ist hier die Nachbildung der Kleineisen. Wie auch beim Vorbild, halten diese die Schienenprofile auf dem Schwellenrost. Die nachgebildeten Kleineisen bringen aber auch einen gravierenden Nachteil mit. Radsätze nach NEM laufen hier auf die Kleineisen auf, sodass hier die Spurkränze reduziert werden müssen. Das ist zwar mit Aufwand verbunden, aber die hohen Spurkränze sind ohnehin optisch eher hinderlich und bei gut verlegtem Gleis technisch auch nicht notwendig. Ein weiterer Nachteil dieses Gleissystems ist das amerikanische Vorbild. Die Schwellenlänge ist größer und die Abstände der Schwellen ist kleiner als beim europäischen bzw. deutschen Vorbild. Das unbearbeitete Gleis zeigt das Bild oben. Durch einfaches Abschneiden der Schwellenenden und Herauslösen ungefähr jeder fünften Schwelle, kann das angepasst werden. Die folgenden zwei Bilder zeigen das "germanisierte" Gleis. Der Nachteil der erforderlichen reduzierten Spurkränze bleibt aber.railcraft-Gleis von oben
railcraft-Gleis von der Seite
Haubrich (JHM)
Ein Gleissystem nach europäischem Vorbild, ist das Gleis von JHM. Hierbei handelt es sich um ein Millimeter starke Sperrholzschwellenbänder, auf denen die Code40-Profile aufgeklebt werden. Die Gleisradien sind bis 1180 mm in 30 mm Abstufungen verfügbar. Ein Flexgleis wird nicht angeboten. Besonders schön sind die dunkelbraun gebeizten Schwellen. Die Holzmaserung gibt einen wundervollen vorbildgerechten Eindruck wieder. Die Weichen sind vorbildlich schlank und geben Einheitsweichen mit R=190m und Steigung 1:7 wieder.Haubrich-Gleis von oben
Haubrich-Gleis von der Seite
Selbstlötgleis "Petau/Emmermann"
Hierbei handelt es sich um Schwellenroste, die aus kupferkaschierten Hartfaserplatten gefräst werden. Dabei bildet die Kupferschicht die "Kleineisen" wieder, auf denen das Code 40-Profil aufgelötet wird. Flexgleis wird nicht angeboten. Auf dem ersten Blick mag das ein Nachteil sein. Bei näherer Betrachtung ist es hier möglich, ähnlich wie bei dem herkömmlichen Flexgleis, durch Aufschneiden der Schwellenzwischenräume jeden beliebigen Vorbild-Radius und auch Radienübergänge zu erzeugen.Emmermann/Petau/Selbstlötgleis als Flexgleis
Das vierte Code 40-Gleis besteht im Prinzip aus kupferkaschierten Einzelschwellen. Auf diese werden die gleichen Schienenprofile, wie die des Petau / Emmermann-Gleises aufgelötet. Die Einzelschwellen sind über die 2 mm-Association zu beziehen, bei der man Mitglied sein muss.
Emmermann/Petau/Selbstlötgleis von oben
Emmermann/Petau/Selbstlötgleis von der Seite
Erfahrungen mit Haubrich-Gleis
Für den Bau von Kleinbrüchter hatte ich mich für das Gleissystem von JHM entschieden, weil ich mich mit dem Selbstlötgleis nicht auskannte und ich auch an das Löten nicht herangetraut hatte. Ein weiterer Grund war auch die damals (2002) schlechte Verfügbarkeit der Schienenprofile.Bei der Verarbeitung der Gleise gibt es bedingt durch die Klebung einiges zu beachten. Die Klebung ist weder thermisch noch mechanisch besonders belastbar. Wegen der über das Ende des Schwellenrostes stehenden Schienenprofile müssen die Enden der Schienenprofile entfernt werden. Das Abzwicken mit dem Seitenschneider erfordert sehr viel Sorgfalt. Am Besten ist es, beim Abzwicken das Schwellenrost nicht fest zu halten, um mechanische Belastungen zu vermeiden. Durch die Waten des Seitenschneiders ist die Bearbeitung der Grate mit einer kleinen Schleifscheibe erforderlich. Auch hier sollte nicht allzu grob vorgegangen werden. Durch den Wärmeeintrag in die Schiene kann sich die Klebung lösen. Vom Zusammenlöten des Gleises kann ich nur abraten. Erstens ist der Wärmeeintrag beim Löten zu groß, zweitens kann der so nicht vorhandene Längenausgleich bei Temperaturschwankungen zum Ablösen der Schienenprofile vom Schwellenrost führen. Lediglich in der Mitte des Gleises kann man durch Wegschneiden des Schwellenrostes zwischen zwei Schwellen das Anlöten der Stromzuführung wagen.
Die erste Serie der Haubrichweichen hatte zwar ein polarisierbares Herzstück. Jedoch waren die Weichenzungen mit den Herzstück verbunden. Dies machte einen Umbau der Weiche erforderlich. Zwei kleine Schnitte trennen die elektrische Verbindung vom Herzstück zur Zungenschiene. Die Stellschwelle wird durch nicht leitendes Material ersetzt. Damit war es möglich den Zwischenraum zwischen Zungen- und Backenschiene vorbildgerechter zu verringern.
Wie schon mehrfach erwähnt, ist die Klebung des Schienenprofils auf das Schwellenrost DIE Schwachstelle des Gleissystems. Die erste Bestellung aus dem Jahr 2002 erwies sich als relativ standfest. Eine Nachbestellung in 2003 / 2004 erwies sich als so fehlerhaft, dass die Klebung bereits vor dem Verbau des Gleises versagte, wie mir einige Modellbaufreunde berichteten. Unglücklicherweise hielt die Klebung bei mir bis kurz nach dem Schottern, sodass ich 4 m Gleis wieder abreißen konnte. Nach Rücksprache mit Herrn Haubrich erhielt ich schnell Ersatz. Dennoch konnte der "Schaden" mit dem Ersatz nicht vollständig wettgemacht werden. Zu viel Arbeitszeit ging verloren.
...ganz schön nackig, so ohne Gleis...
Glücklicherweise habe ich wasserlöslichen Ponal benutzt. So brauchte ich alles nur ordentlich einweichen und mit einem scharfen Stechbeitel abschaben.
Diese "Ersatz"-Charge erwies sich dann aber als deutlich standfester und hält immerhin 12 Jahre. Heute zollt auch diese Charge der Alterung Tribut, so dass sich immer mehr Abschnitte nacharbeiten muss. Die Module Ziegelei und ein Teil des Moduls Kreuzbruch sind mittlerweile auf Selbstlötgleis umgerüstet. Das Modul Kleinbrüchter wird sicherlich in den nächsten Jahren folgen.
Herr Haubrich hat die Klebung aufgegeben und verbindet seit 2010 kleine Kupferplättchen formschlüssig mit dem Holz. Die Schienenprofile werden dann auf die Kupferplättchen aufgelötet.
Mir erscheint das als längst überfällige und viel versprechende Lösung. Bisher habe ich aber noch keine eigenen Erfahrungen damit gemacht.
Inzwischen arbeite ich ausschließlich mit dem Selbstbaugleis, welches ausgesprochen robust, und damit für den Modulbetrieb besonders geeignet ist.
Weichenantriebe
Weichenantriebe können auf viele Weise realisiert werden. Ich würde grundsätzlich in elektrische und machanische Betätigungen unterscheiden.
Bei der mechanischen Betätigung wird meist eine Stellstange nach außen an die Modulkante geführt. Die Betätigung erfolgt von außen über die Stellstange an den Stelldraht zu Stellschwelle der Weiche. Das Rastmoment der Endstellungen übernimmt ein einfacher Schalter, der gleichzeitig auch die Herzstückpolarisation übernimmt.
mechanischer Weichenantrieb über eine 4mm Stahlstange. Die Stahstange wird in Aluwinkeln gefüht.Die Endanschäge der Stellstange besorgen einerseits der Stellknopf und andererseits ein Stellring.
Damit ist das System extrem robust und hält auch hirnloses Drücken und Ziehen mancher Grobmotoriker aus.
Zur Betätigung an der Außenkante bin ich dazu übergegangen die Knöpfe in das Modul zu "versenken". Das hat den Vorteil, dass ich beim Laden und Transport nicht an den Betätigungseinrichtungen hängen bleibe. Es gibt einige "Experten" die keinen Knopf sondern einen Haken, einen Dübel, oder gar nichts verwenden. Ich finde das nicht nur unschön sondern auch unprofessionell - zumal so ein Knopf im Baumerkt nur wenige Euros kostet. Das Motto "Hauptsache billig", sieht eben auch danach aus!
Auf die Stellstange kann man ein M4-Gewinde schneiden. Danach kann ein Möbelknopf zur Betätigung aufgeschraubt werden.
Ich habe im Laufe der Zeit auch andere mechanische Antriebe gesehen. Die unterscheiden sich aber im Wesentlichen darin, von wo die Weiche betätigt wird. Eine Übertragung kann auch über eine Hebelmechanik oder Bowdenzüge erfolgen. Manchmal bleibt so wenig Platz unter dem Modul oder an der Seite, dass nur noch eine Betätigung auf der "Modell"-Seite möglich ist. Nach Abwägung der Verhältnismässigkeit ist diese Lösung aber zu vermeiden.
Unter diesem Segment (12x30cm) war so wenig Platz, dass einen Knopf auf der Seite und eine komplizierte Betätigungsmechanik nicht möglich waren.
In den meisten Fällen entscheide ich mich für den elektrischen Antrieb von Weichen. Meistens möchte ich eine Fernsteuerung ermöglichen oder die Weichenstellung in irgend einer Art zurück melden.
So auch bei meinem Erstlingswerk Kleinbrüchter...
Ein magnetischer Antrieb kam nicht in Frage. Blieb nur Servoantrieb oder motorischer Antrieb. Die bekannten Fulgerex-Antriebe waren mir zu teuer, zu groß und zu laut. Mit Servos kannte ich mich nicht aus, und die verfügbaren fertigen Lösungen waren mir erheblich zu teuer. Ich entschied mich für die Antriebe der Fa. Hoffmann. Damals (2002) gab es die Antriebe noch für unter 10 Euro. Ein bekannter Elektronikversand hat das Vorgängermodell in Lizenz in China bauen lassen, mit allen bekannten Qualitätsabstrichen. Mir sind einige Abbrüche der Stellelemente bekannt. Auch bei den Hoffmann-Antrieben hatte ich bei 30 verbauten Stellmotoren einen Ausfall, jedoch bei intensiver Benutzung.
In Summe ist das Original wohl doch standfester, als die China-Kopie.
Während sich die von mir überwiegend verwendeten Typen WMA02 noch relativ schnell bewegten, hat das Nachfolgemodell WMA02S eine deutlich verlangsamte Stellbewegung. Auch von diesen hatte ich drei Antriebe verbaut. Für normale Weichen haben die Antriebe eine ausreichende Stellkraft. Wenn man dann aber DKWs schalten will, stößt die Stellkraft der Antriebe an ihre Grenzen.
motorischer Weichenantrieb Hoffman WMA02S
Etwas fummelig ist die Einstellung des Stellwegs. Der Stellweg der Stellstange selbst, ist nicht einzustellen. Die Stellschwelle wird durch einen biegsamen Stelldraht von der Stellstange bewegt. Je nach Ausrichtung des Stelldrahtes überwiegt der Stellweg in die eine oder andere Richtung. Der Stelldraht wird mittels einer Kreuzschraube befestigt. Wenn man, wie ich, für die Weichenlaternen noch einen weiteren Stelldraht braucht, den man unter die Schraube klemmen und einstellen muss, wird das Ganze recht nervig!
motorischer Weichenantrieb Hoffman WMA02
Eleganter ist der Weichenantrieb mit Servos. Nach den durchweg positiven Erfahrungen mit der Verwendung der Servobausteine von MB-Tronik in meinem Bahnhof "Sonneberg", habe ich auch Kleinbrüchter komplett auf Servo-Betrieb umgerüstet. Das gestattet mir nun einen "analogen" Betrieb mittels Umschalter oder Taster UND die digitale (Fern-)Steuerung über einen Computer mit Gleisbildstellwerk.
Servo für Weichenantrieb - Die Kraft des Servo-Stellhebels wird über einen Stelldraht, das in einem Messingröhrchen geführt ist, auf die Stellschwelle übertragen.
Im zweiten Messingröhrchen wird der Stelldraht für die Weichenlaterne geführt.
Platine für Servoansteuerung von MB-Tronik
Zusätzlich haben die Platinen mehrere Rückmeldekontakte, so dass die Weichenstellung einerseits per Rückmeldemodul digital oder beispielsweise per LED zurückgemeldet werden kann. Das ermöglicht sogar eine komplexe Ausleuchtung von Weichenstraßen. (siehe auch "Elektrik Modul Kleinbrüchter"). Aber bei diesem Thema sind wir schon voll im Thema "Elektrik".
Rückmeldung per LED
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